Abstracts 4/2022 deutsch

RisseHorst: Die Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichtshofs zur Abgeordnetenhauswahl 2021 – des Dramas zweiter Akt.

Die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus, die am 26. September 2021 zusammen mit der Bundestagswahl und einem Volksentscheid stattfand, war von einer Vielzahl organisatorischer Mängel in der Vorbereitung geprägt, die sich in einer ungewöhnlich großen Zahl von Wahlfehlern manifestierte. Der Berliner Verfassungsgerichtshof hatte über eine große Zahl von Einsprüchen zu entscheiden und mit Urteil vom 16. November 2022 verfügt, dass die Wahl in ganz Berlin zu wiederholen ist. Die Fehler seien so flächendeckend und gravierend gewesen, dass nur eine komplette Wiederholungswahl geeignet sei, das beschädigte Vertrauen wieder herzustellen. Der Beitrag fasst die wesentlichen Gründe des Urteils zusammen und stellt die abweichende Meinung einer Richterin dar. Anschließend wird untersucht, wie sich die Berliner Entscheidung zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verhält. Es zeigt sich, dass das Berliner Gericht in wesentlichen Fragen von den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätzen abweicht. Es hätte daher einer klärenden Vorlage in Karlsruhe bedurft. Dort wird ohnehin über die Gültigkeit der Bundestagswahl in Berlin zu entscheiden sein, die von denselben organisatorischen Mängeln betroffen war. Sollte Karlsruhe bei seiner bisherigen Linie bleiben, droht eine schwerwiegende Divergenz zwischen der Rechtsprechung der beiden Verfassungsgerichte. [ZParl, 53. Jg. (2022), H. 4, S. 719 – 729]

Schindler, Danny und Oliver Kannenberg: Die Verfassung der Fraktion. Institutionelle Variationen und Institutionenwandel. 

Die formalen institutionellen Regelwerke der Fraktionen, ihre Geschäftsordnungen, zählen zu den wenig beleuchteten Dokumenten der Politikwissenschaft. Dabei ist ihnen eine Bedeutung über die Ordnung der innerfraktionellen Willensbildung hinaus zuzuschreiben. Im Projekt SOPiP (Standing Orders of Parties in Parliament), das am Institut für Parlamentarismusforschung durchgeführt wird, werden die Fraktionsverfassungen aus einer Längs- und Querschnittperspektive untersucht. Die Längsperspektive behandelt Genese und Wandel der Fraktionssatzungen in Deutschland. Zurückgehen lässt sich dabei bis zu den Abgeordnetengruppierungen im Paulskirchenparlament 1848/1849, deren Dokumente auch heute noch vorzufindende Regelungen enthielten. Ein internationaler Vergleich zeigt eine große institutionelle Variationsbreite für verschiedene Regelungsgegenstände wie etwa Führungsauswahl oder Abstimmungsdisziplin auf. Anhand einer Fallstudie zur SPD-Bundestagsfraktion werden erste Befunde und das Analysepotential zu institutionellen Reformprozessen illustriert. Zahlreiche weiterführende Untersuchungsfragen verdeutlichen die Notwendigkeit tiefergehender Analysen. [ZParl, 53. Jg. (2022), H. 4, S. 730 – 746]

MaiManfred: Arbeitsgruppen und Arbeitskreise der Parlamentsfraktionen. 

Im Bundestag und in den Länderparlamenten haben die Fraktionen zur Vorbereitung bestimmter Themen Arbeitskreise eingerichtet, die sich an den Parlamentsausschüssen und Regierungsressorts orientieren. Sie sind eine wichtige Institution zur innerfraktionellen Meinungsbildung sowie zur Klärung von Konflikten und Positionen auch mit der Regierung. In der eher informellen Struktur von Arbeitskreisen treffen mehrere konfligierende Logiken aufeinander: die der Fraktionsdisziplin, die der Abgeordneten mit ihrer Bindung an den Wahlkreis, die der Unterstützung der Regierung und die der Spezialisierung. Arbeitskreise tagen nicht öffentlich und es gibt es kaum Berichte über sie. Dieser Arkanbereich bietet die Chance einer offenen Debatte unter den Abgeordneten sowie zwischen ihnen und Vertretern der Regierung, die an den Sitzungen teilnehmen. Für die Regierung sind Arbeitskreise der Mehrheitsfraktion(en) auch Stimmungsbarometer ihrer Politik und Unterstützer bei der Durchsetzung ihrer Interessen gegenüber der Fraktion. Das informationelle und Machtungleichgewicht zwischen Regierung und Parlament reduzieren Arbeitskreise jedoch nur für die Regierungsfraktionen, weil den Arbeitskreisen der Opposition der unmittelbare Austausch mit Regierungsvertretern nicht möglich ist. [ZParl, 53. Jg. (2022), H. 4, S. 747 – 756]

Leunig, Sven: Parlamentsvizepräsidenten in Bundestag und Landesparlamenten: (Neu-)Regelungen und Ämterbesetzung im Schatten der AfD. 

Die Besetzung der Vizepräsidenten der deutschen Landesparlamente, ebenso wie jene des Bundestages, ist seit der Wahl der AfD in die Parlamente stärker in den Fokus der Öffentlichkeit getreten. Die AfD selbst moniert nicht selten, sie werde von den anderen Fraktionen daran gehindert, das ihr zustehende Recht wahrzunehmen, einen Vizepräsidenten zu nominieren bzw. zu stellen. In diesem Beitrag wird der Frage nachgegangen, ob es ein solches Recht tatsächlich gibt und ob seit 2014, wie von der AfD behauptet, Änderungen der verfassungsrechtlichen Bestimmungen bzw. der Parlamentsgeschäftsordnungen zu Lasten der AfD vorgenommen wurden. Dies wird in Relation zu den Ergebnissen gesetzt, welche die Kandidaten der AfD jeweils bei Wahlen zu Vizepräsidenten erzielten. Es zeigt sich, dass die rechtlichen Bestimmungen seit 2014 zwar tatsächlich häufig geändert wurden; allerdings nur in wenigen Fällen mit dem erkennbaren Ziel, Kandidaturen von AfD-Abgeordneten zu verhindern. Zugleich nahmen die Parlamentarier aber in den meisten Fällen ihr Recht wahr, Kandidaten der AfD die Zustimmung zu verweigern. [ZParl, 53. Jg. (2022), H. 4, S. 757 – 776]

Feser, Andreas: Untersuchungsausschüsse live im Fernsehen – ein Beitrag zur Aufklärung?

Die Forderung, mit der Zulassung von Bild- und Tonaufnahmen für mehr Öffentlichkeit zu sorgen, begleitet die Untersuchungsausschüsse nicht erst seit dem Gesetzgebungsverfahren zum Recht der Untersuchungsausschüsse vor zwanzig Jahren. Die im Gesetz – mit hohen Hürden – eröffnete Möglichkeit dazu wurde seitdem in einem Ausschuss bei wenigen Zeugen genutzt. In der vergangenen Wahlperiode waren entsprechende Forderungen im Fall des „Wirecard“-Ausschusses Gegenstand öffentlicher Berichterstattung. Eine Zulassung von Bild- und Tonaufnahmen würde drei grundsätzliche Fragen an das Untersuchungsverfahren aufwerfen: Die Vereinbarkeit mit wichtigen Verfahrensgrundsätzen, den Ausgleich mit widerstreitenden Rechten von Verfahrensbeteiligten und den Ausschluss eines Widerspruchs mit der Erfüllung des Auftrags eines Untersuchungsausschusses. Keiner der drei Fragen kann eindeutig so beantwortet werden, dass dies für eine generelle Zulassung von Bild- und Tonaufnahmen spräche. Vor allem legen Erkenntnisse aus der Psychologie nahe, dass sich aus der Wirkung von Fernsehaufnahmen auf das Verhalten von Zeuginnen und Zeugen ein nicht auflösbarer Widerspruch zwischen „Fernsehöffentlichkeit“ und wahrheitsgemäßer Sachverhaltsaufklärung ergibt. [ZParl, 53. Jg. (2022), H. 4, S. 777 – 793]

Singer, Jens Peter: Die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste. Bilanz und Ausblick. 

In allen westlichen Staaten findet seit mehreren Jahrzehnten ein Verrechtlichungsprozess der Arbeit der Nachrichten- und Geheimdienste statt. In der Bundesrepublik Deutschland hat die sozial-liberale Koalition Mitte der 1970er Jahre begonnen, Rechtsgrundlagen für diese besonderen Sicherheitsbehörden zu geschaffen, Aufgaben und Befugnisse gesetzlich zu bestimmen sowie deren Kontrolle zu regeln, der Prozess dauert weiter an. In der neueren Rechtsprechung verlangt das Bundesverfassungsgericht eine regelmäßige Evaluation der gesetzlichen Regelungen wie auch der Effektivität der Kontrollpraxis (BVerfGE 154, S. 152). Trotz vier umfassender Reformen (1992, 1999, 2009 und 2016) und einiger kleinerer Änderungen will die Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP nunmehr erneut die parlamentarische Kontrolle der Tätigkeit von Bundesnachrichtendienst (BND), nachrichtendienstlichem Verfassungsschutz (BfV) und Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (MAD) reformieren, wie es bislang aussieht, ohne zuvor bisherige Reformen und ihre Effizienz zu evaluieren. Der Beitrag stellt die bisherige Entwicklung dar, zieht Bilanz, enthält einen Ausblick auf die anstehende Reform und benennt die Desiderata. [ZParl, 53. Jg. (2022), H. 4, S. 794 – 813]

KleihBjörn-Christian: Die Zwischenfrage an den privilegierten Redner.

Sowohl im Deutschen Bundestag als auch im Landtag von Baden-Württemberg besteht die Möglichkeit, dass Abgeordnete Zwischenfragen an den Redner richten. Nicht selten richten sich diese Fragen an Mitglieder der Regierung, deren jederzeitiges Rederecht verfassungsrechtlich verbürgt ist. Der Beitrag zeichnet die Formalisierung der Zwischenfrage in beiden Parlamenten nach. Diese war jeweils durch die Gedanken getragen, einerseits die Sitzungen zu beleben und andererseits Störungen durch Zwischenrufe zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund – und anlässlich der Verweigerung einer Zwischenfrage durch einen Minister – wird die Frage erörtert, auf welcher Rechtsgrundlage der Landtagspräsident den privilegierten Redner für eine Zwischenfrage unterbrechen darf. Der Beitrag kommt zum Ergebnis, dass der Landtagspräsident damit einer verfassungsimmanenten Beschränkung des privilegierten Rederechts Ausdruck verleiht. Diese findet ihren Grund in der Vermeidung von Störungen der privilegierten Rede. [ZParl, 53. Jg. (2022), H. 4, S. 814 – 830]

KasseckertMarkus: Die Gesetzgebung zu den Ruhebezügen des Bundespräsidenten im Lichte parlamentarischer Polarisierung. 

Das Amt des Bundespräsidenten ist ein nur wenig beachteter politikwissenschaftlicher Untersuchungsgegenstand. Bisher gar nicht beachtet sind die Gesetzgebungsprozesse, die das Amt selbst behandeln. Sie sind aus einer parlamentstheoretischen Perspektive besonders interessant, galt doch einmal der Grundsatz, derartige Gesetzesvorhaben abseits parteipolitischer Kalküle im Modus interfraktioneller Absprachen und auch in alle Fraktionen einbeziehender Eintracht zu behandeln. Der Beitrag fokussiert daher die einfachgesetzliche Ebene in Gestalt des „Gesetzes über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten“. Mithilfe einer Dokumentenanalyse der damit verbundenen Gesetzentwürfe und Plenardebatten lassen sich daran die parlamentarischen Transformationen durch die veränderte parteipolitische Zusammensetzung ablesen. Die vorliegende Untersuchung vertritt in diesem Zusammenhang die These, dass besonders in diesem Bereich die parlamentarische Polarisierung Reformpotenziale behindert. Es ist schließlich unwahrscheinlich, dass in der gegenwärtigen Parteienkonstellation noch einmal an frühere Zeiten interfraktionell-diskreter Aussprachen und einstimmiger Abstimmungen in Bezug auf die Gesetzgebung zum Amt des Bundespräsidenten angeknüpft werden könnte und zwar ausdrücklich unter Einschluss aller gegenwärtig im Bundestag vertretenen Fraktionen. [ZParl, 53. Jg. (2022), H. 4, S. 831 – 846]

KnelangenWilhelm und Sandra Brunsbach: Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) ist wieder im Bundestag vertreten – und kann (wohl) bleiben. 

Der SSW ist zum ersten Mal seit 1953 wieder im Bundestag vertreten. Die Partei profitiert davon, dass sie als Partei der dänischen Minderheit und der nationalen Friesen im Bundestagswahlrecht von der Fünf-Prozent-Sperrklausel und der Grundmandatsregel befreit ist. Während sie aber im politischen System Schleswig-Holsteins seit der Landesgründung eine feste Rolle spielt, hatte sie über viele Jahrzehnte darauf verzichtet, auch bei Bundestagswahlen anzutreten. Die Entscheidung zur Teilnahme an der letzten Bundestagswahl war das Ergebnis eines langjährigen parteiinternen Diskussionsprozesses. Programmatisch ist der SSW im liberalen und linksliberalen Spektrum einzuordnen. Bei der Bundestagswahl 2021 rückte die Partei neben den Belangen der Minderheiten die Vertretung der Interessen Schleswig-Holsteins in den Vordergrund. Damit hatte sie aber nur begrenzten Erfolg, denn den stärksten Rückhalt hat der SSW im Landesteil Schleswig erhalten. Wenn weiterhin die Verhältniswahlkomponente in einem bundesweiten Wahlkreis für den Einzug in den Bundestag entscheidend ist, dann hat die Partei gute Chancen, auch weiterhin in Berlin zu vertreten zu sein. [ZParl, 53. Jg. (2022), H. 4, S. 847 – 866]

KerstingNorbert und Jan Philipp Thomeczek: Parteipositionen und Wählerpräferenzen in der Bundestagswahl 2021. Ein Vergleich mithilfe des Wahl-Kompasses.

Die Onlinewahlhilfe „Wahl-Kompass“ ermöglicht eine Verortung der Parteien in der politischen Landschaft mit den Dimensionen „konservativ-traditionell versus progressiv-ökologisch“ und „Umverteilung versus eigene Verantwortung“, die auf einer Analyse der Wahlprogramme und der Selbstverortung der Parteien basiert. Die Analyse der etwa 15.000 freiwilligen Zusatzangaben (Datenspende) der ca. 500.000 Nutzerinnen und Nutzer des Wahl-Kompass erlaubt einen Vergleich zwischen Parteien und ihren (potentiellen) Wählerinnen und Wählern. Bei der Erhöhung des Spitzensteuersatzes, bei der Mietenregulierung und strengerer Klimagesetzgebung zeigt sich eine abgeschwächte Polarisierungen zwischen den Parteien und eine relativ hohe Responsivität, also ein weitgehender Konsens der Parteien mit ihren Wählerinnen und Wählern. Bei den Reformvorschlägen hin zu einer einheitlichen Renten- und Krankenversicherung, die von den Anhängerinnen und Anhängern aller Parteien mehrheitlich unterstützt werden, weichen die Parteispitzen von CDU/CSU und FDP ab. Die Basis von CDU/CSU und FDP unterstützt also, im Gegensatz zur Partei, Reformen zu einer einheitlichen Renten- und Krankenversicherung. [ZParl, 53. Jg. (2022), H. 4, S. 867 – 883]

SchäckelhoffHenning: Die Koalitionstheorie in der Ära Merkel.

Immer wieder gab es neue Ideen die Koalitionstheorie zu erweitern und Koalitionen besser vorauszusagen. Inzwischen hat sich der Blickwinkel erweitert und nimmt viel mehr Aspekte in den Fokus als es die „klassischen“ Theorien um office- und policy-seeking taten. In diesem Beitrag geht es um einen ergänzenden Erklärungsansatz für die Koalitionsbildung unter Angela Merkelvon 2005 bis 2017/18 unter Miteinbeziehung von Kontext, persönlichen Ambitionen und insbesondere institutionellen Strukturen. Dieser neue Ansatz wird als smooth-governance-seeking bezeichnet und besagt, dass es bei der Koalitionsbildung in den Merkel-Jahren zuvorderst immer um den reibungslosen Regierungsablauf und erst nachgeordnet um Ämter (office) und Politikziele (policy) ging. Weil die etablierten Theorien den Verlauf der Koalitionsverhandlungen nur bedingt vorhersagen konnten, generiert der hier vorgestellte Ansatz einen Erklärungsmehrwert für die Entwicklungen der Sondierungsgespräche und folgenden Koalitionsverhandlungen und erweitert somit das Erklärungsangebot der bereits bestehenden Koalitionstheorien. [ZParl, 53. Jg. (2022), H. 4, S. 884 – 900]

KupkaMilena: Godesberg „in grün“? Ein qualitativer Vergleich der Grundsatzprogramme 2002 und 2020 von Bündnis 90/Die Grünen.   

Parallel zum Aufstieg der Fridays-For-Future Bewegung 2018 wurden Bündnis 90/Die Grünen von einer Erfolgswelle erfasst. Der Mitgliederzustrom und die errungenen Wahlerfolge werden weithin auf den professionalisierten und gemäßigten Auftritt der Bundesvorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock zurückgeführt. Doch die Partei hat sich auch im Grundsatz gewandelt, wie das 2020 verabschiedete Grundsatzprogramm „zu achten und zu schützen – Veränderung schafft Halt“ zeigt. Immer wieder werden die Grünen in den letzten drei Jahren als mögliche neue Volkspartei gehandelt. Inwiefern es sich hierbei um eine zutreffende Einordnung handelt, wurde anhand eines qualitativen Vergleichs der Grundsatzprogramme 2002 und 2020 untersucht. [ZParl, 53. Jg. (2022), H. 4, S. 901 – 914]

De MasiFabio: Mehr Transparenz in Untersuchungsausschüssen wagen! Ein Plädoyer aus der Praxis.

Untersuchungsausschüsse sind das schärfste Schwert der Opposition im Deutschen Bundestag. Im Unterschied zum Europäischen Parlament, dem US-Kongress und weiteren internationalen Bespielen findet jedoch eine TV- oder Internet-Übertragung von Zeugenbefragungen in der Praxis nicht statt. Im Deutschen Bundestag existiert dabei eine doppelte Schranke der Zustimmung der Betroffenen sowie einer zwei Drittel Mehrheit des Ausschusses. Der Autor plädiert für eine Aufwertung der TV- bzw. Internetübertragung von Untersuchungsausschüssen zu einem Minderheitenrecht der Opposition bei Zustimmung der Betroffenen. Dies kann auch Zeugen selbst vor der medialen Verzerrung ihrer Aussagen schützen, die Sachaufklärung durch kritische Öffentlichkeit unterstützen und sogar dabei helfen, theatralische Inszenierungen von Untersuchungsausschüssen zu vermeiden. [ZParl, 53. Jg. (2022), H. 4, S. 915 – 922]

WolfSebastian: Korruption bei der parteiinternen Kandidatenaufstellung für Parlamentswahlen – ein Fall für das Strafrecht?

Ausgehend von einem Fraktionsantrag im saarländischen Landtag diskutiert der Beitrag Vorteile und Nachteile sowie rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten einer Kriminalisierung von Bestechung bei der parteiinternen Kandidatenaufstellung für Parlamentswahlen. Es wird argumentiert, dass eine entsprechende Ausdehnung des Strafrechts sinnvoll ist, aber nicht zu allgemein im Strafgesetzbuch, sondern möglichst präzise etwa im Parteiengesetz erfolgen sollte. [ZParl, 53. Jg. (2022), H. 4, S. 923 – 931]

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