Stüwe, Klaus: Der „Gang nach Karlsruhe“. Die Opposition im Bundestag als Antragstellerin vor dem Bundesverfassungsgericht.
Zwar hat sich das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vor allem als Institution des Grundgesetzschutzes und als Garant der verfassungsrechtlichen Ordnung bewährt, daneben erlangte das Gericht aber seit seiner Gründung auch Bedeutung als Instrument im politischen Kampf. Insbesondere die parlamentarische Opposition im Bundestag hat immer wieder versucht, politische Kontroversen mit der Regierung in verfassungsrechtliche Gleise zu lenken, um auf diese Weise parlamentarische Niederlagen durch Einschaltung des Bundesverfassungsgerichts in nachträgliche Siege zu verwandeln. Die statistische Analyse der bisher erledigten verfassungsgerichtlichen Verfahren zeigt, daß bei denjenigen Verfahrensarten, die aus dem Politischen heraus initiiert werden können, in den meisten Fällen die Opposition als Antragstellerin auftritt – je nach Verfahrensart entweder direkt als Bundestagsfraktion beziehungsweise als Partei oder indirekt im Wege der Verfassungsklage einer „oppositionellen“ Landesregierung. Die Zahl oppositioneller Verfahrensanträge ist jedoch insgesamt so niedrig, daß von einem Mißbrauch des Verfassungsgerichts oder von einer Justizialisierung der Politik nicht die Rede sein kann. Der Erfolg vieler oppositioneller Verfahrensinitiativen vor dem Bundesverfassungsgericht zeigt vielmehr, daß das Kontrollinteresse der Opposition nicht selten auch von verfassungsrechtlicher Relevanz war. (ZParl, 28. Jg., 1997, H. 4, S. 545 ff.)
Plöhn, Jürgen: Der Oppositionsstatus der PDS nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt.
Durch ein von der CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt angestrengtes Organstreitverfahren hat in Deutschland erstmals ein Verfassungsgericht Gelegenheit erhalten, ein Urteil zu einer konstitutionellen Oppositionsnorm mit integrierter Legaldefinition zu sprechen. Der Artikel skizziert einleitend konträre Versuche der Definition des Oppositionsbegriffes und stellt anschließend die zentralen formalen und inhaltlichen Aspekte der Entscheidung dar. Angesichts grundsätzlicher Relevanz werden hierzu schwerpunktmäßig die gerichtlichen Ausführungen zum Begriff des „Stützens“ einer Regierung sowie zur Problematik parlamentarischer Opposition gegenüber Koalitions- und Minderheitsregierungen behandelt. Dabei zeigt sich, daß die Richter die einschlägigen politikwissenschaftlichen Arbeiten nahezu vollständig ignoriert haben. Die anschließende Auswertung des Urteils belegt aus der Summe seiner argumentativen Mängel ein dem demokratischen Parlamentarismus unangemessenes konstitutionalistisches Gewaltenteilungsverständnis, das weder der von Hans-Peter Schneider formulierten Oppositionskonzeption der sachsen-anhaltinischen Landesverfassung noch dem Stand der politologischen Forschung entspricht. Da die Entscheidung im Ergebnis jedoch den konkreten Gehalt der Oppositionsklausel entwertet, wird verfassungspolitisch ein Verzicht auf eine Legaldefinition des Oppositionsbegriffes empfohlen. (ZParl, 28. Jg., H. 4, S. 558 ff.)
Renz, Thomas: Nichtwähler zwischen Normalisierung und Krise: Zwischenbilanz zum Stand einer nimmer endenden Diskussion.
Die seit Mitte der achtziger Jahre ansteigende Wahlenthaltung läßt sich sowohl auf langfristig strukturelle und kulturelle Verschiebungen als auch auf kurzfristige Motivationsquellen zurückführen. Neben individueller Ressourcenausstattung, abnehmender Gruppenbindung und gesellschaftlichem Wertewandel, der sich vor allem auf die Wahlbeteiligung der jungen Jahrgänge auswirkt, gewinnen instrumentelle Aspekte des Wahlverhaltens in Form von Kosten-Nutzen-Überlegungen oder als Ausdruck des Entzuges politischer Unterstützung an Bedeutung. Insofern erscheint die Frage, ob zunehmende Nichtwahl als Krise oder Normalisierung zu betrachten ist, falsch gestellt. Vielmehr ergeben die Erklärungsfaktoren eine komplexe und vielfältig miteinander verzahnte Mischung aus externen Veränderungswellen und internen Umbrüchen, aus neuen politischen Problemlagen und defizitär eingeschätzten Problembearbeitungen, aus brüchigen Interessenvertretungskoalitionen und veränderten Partizipationsansprüchen. (ZParl, 28. Jg., 1997, H. 4, S. 572 ff.)
Pickel, Gert und Dieter Walz: Politische Einstellungen junger Erwachsener in den neuen und alten Ländern der Bundesrepublik Deutschland 1996: nicht staatsverdrossen, aber desillusioniert.
Die politischen Überzeugungen der Bevölkerung in den alten und neuen Bundesländern unterscheiden sich sieben Jahre nach der Vereinigung auch bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen noch merklich, wobei die Differenz in der Beurteilung sich vor allem in Nuancen der Zustimmung und weniger in einer generellen Ablehnung des demokratischen Systems ausdrückt. So ist einerseits das bei den jungen Staatsbürgern besonders schlechte Bild der Politiker und Parteien, andererseits die besondere Betroffenheit von (oft transformationsbedingten) wirtschaftlichen Problemen für die kritische Einstellung zum politischen System der Bundesrepublik bedeutsam. Entsprechend besteht in den neuen Bundesländern der Bundesrepublik derzeit noch eine etwas geringere politische Involvierung und Unterstützung des politischen Systems als in den alten Bundesländern, wobei die Beurteilung bei den jungen Erwachsenen zwar in der Tendenz etwas negativer als in älteren Altersgruppen ist, sich aber strukturell nicht unterscheidet. Die propagierte Politikmüdigkeit ist dabei eher eine Politiker- und Parteienmüdigkeit als eine generelle Verdrossenheit, was allerdings auf Dauer unliebsame Einbrüche im generellen Demokratiebild nicht gänzlich auszuschließen vermag. (ZParl, 28. Jg., 1997, H. 4, S. 592 ff.)
König, Thomas und Thomas Bräuninger: Wie wichtig sind die Länder für die Politik der Bundesregierung bei Einspruchs- und Zustimmungsgesetzen?
Zur Verabschiedung ihrer Gesetzesvorlagen benötigt die Bundesregierung entweder die Zustimmung des Bundesrates, oder sie muß dessen Einspruch abwehren. Was dies bedeutet, demonstriert die Analyse der Einspruchs- und Zustimmungsgesetzgebung bezüglich wirtschafts- und innenpolitischer Fragen seit der Vereinigung. Mit einfachen Annahmen über die Politikvorstellungen der Gesetzgebungsakteure wird gezeigt, daß sich erstens die Möglichkeiten der Bundesregierung zur Durchsetzung ihrer Politikvorstellungen verschlechtert haben. Dabei nahmen die sogenannten C-Länder – Länder mit Koalitionären aus dem Lager sowohl der Bonner Regierungs- als auch der Bonner Oppositionsparteien – entscheidende, weil mehrheitbringende Positionen ein. Mit der momentanen Mehrheit der SPD-geführten Länder im Bundesrat ist die Regierung weitgehend auf Kompromisse angewiesen oder zum Verzicht auf Politikgestaltung gezwungen. Zweitens schwächt das Erfordernis einer mehrheitlichen Zustimmung der Länderkammer die Stellung der Bundesregierung stärker in der Zustimmungs- als in der Einspruchsgesetzgebung. Drittens bestehen auch Unterschiede zwischen wirtschafts- und innenpolitischen Themen. Die Politik der Bundesregierung bestimmt sich danach als vielschichtiges Resultat sowohl aus den Mehrheitsverhältnissen in Bundestag und Bundesrat, aber auch aus der Art der Materie sowie den Rahmenbedingungen des jeweiligen Gesetzgebungsverfahrens. Insbesondere kann die geschwächte Gestaltungsfähigkeit der Bundesregierung nicht auf eine einzelne, etwa parteipolitische, Ursache reduziert werden. (ZParl, 28. Jg., 1997, H. 4, S. 605 ff.)
Hoffmann, Jürgen: Schwarz-grüne Bündnisse in den Kommunen: Modell für Bund und Länder?
Schwarz-grüne Bündnisse bestehen vor allem in Klein- und Mittelstädten sowie im ländlichen Raum. Die einzige Großstadt, in der CDU und Bündnisgrüne ein dauerhaftes Bündnis eingegangen sind, ist Mühlheim/Ruhr. Häufig ging der Kooperation eine langjährige SPD-Vorherrschaft voraus. Wesentliche Grundlage schwarz-grüner Zusammenarbeit sind gute Kontakte und ein wechselseitiges Vertrauensverhältnis zwischen den Partnern. Die kommunale Kooperation von CDU und Bündnisgrünen ist pragmatisch und sachbezogen. Innerparteiliche Strömungen und ideologische Richtungsstreitigkeiten spielen im kommunalen Bereich kaum eine Rolle. Aus Sicht der CDU verläuft die Zusammenarbeit mit den Bündnisgrünen in der Jugendpolitik und in der kommunalen Finanzpolitik besonders erfolgreich; aus Sicht der Grünen ragt die kommunale Finanzpolitik besonders heraus, gefolgt vom öffentlichen Personennahverkehr sowie der Jugend- und Umweltpolitik. Die größten Probleme gibt es in der Ausländer- und Asylpolitik sowie in den Bereichen Straßenbau und Verkehrsplanung. Häufigste Konfliktursache stellen die gegensätzlichen politischen Grundüberzeugungen beider Parteien dar. Diese liegen nach wie vor weit auseinander. Kooperationen auf höherer staatlicher Ebene müßten in höherem Maße als gegenwärtige weltanschaulich, politisch-programmatisch vereinbar und innerparteilich kompromißfähig sein sowie von den Anhängerschaften beider Parteien akzeptiert werden. (ZParl, 28. Jg., 1997, H. 4, S. 628 ff.)
Decker, Franz: Die FPÖ unter Jörg Haider: Erfolgsbedingungen einer rechtspopulistischen Partei.
Gemessen an ihren Wahlergebnissen ist die österreichische FPÖ die erfolgreichste rechtspopulistische Partei in Europa. Bis Mitte der achtziger Jahre noch eine Kleinpartei, ist es ihr unter dem Vorsitz Jörg Haiders (seit 1986) gelungen, zu den großen Volksparteien SPÖ und ÖVP aufzuschließen. Zur Erklärung des Erfolg können nachfrage- und angebotsseitige Faktoren unterschieden werden. Erstere verweisen auf die Auswüchse des parteienstaatlichen Systems und die allmähliche Auflösung der einst so prägenden Lagerstruktur Österreichs, letztere auf die von der FPÖ betriebene populistische Strategie. Beides dürfte in Zukunft an Bedeutung verlieren und einem weiteren Wachstum Grenzen ziehen. Ein baldiger Rückgang der Wählergunst ist jedoch ebenso unwahrscheinlich, wenn die bisherige politische Konstellation vorhält und die Partei von der Regierungsverantwortung weiter ferngehalten wird: gerade diese Konstellation hat es den Freiheitlichen in der Vergangenheit ermöglicht, sich gegen das vermeintliche Machtkartell der Großen Koalition als Oppositionspartei zu profilieren. (ZParl, 28. Jg., 1997, H. 4, S. 649 ff.)
Schneider, Steffen: Regionale Fragmentierung statt nationaler Integration: Das kanadische Parteiensystem nach den Unterhauswahlen vom 2. Juni 1997.
Die Unterhauswahlen vom 2. Juni 1997 haben Grundmuster kanadischer Politik akzentuiert, zugleich jedoch den 1993 eingeleiteten Umbruch in Wählerverhalten und Parteiensystem bestätigt. Die erneut dominierende Position der regierenden Liberalen reflektiert zwar ein Element der historischen Kontinuität des aktuellen Fünfparteiensystems. Der Niedergang der Konservativen und der NDP sowie der Fortbestand zweier regionaler Protestparteien im Westen des Landes und Quèbec dokumentiert indessen auch, daß regionale Fragmentierung und Asymmetrien sich dramatisch verschärft haben. In dieser Entwicklung manifestiert sich die weiter schwelende Einheits- und Bestandskrise des kanadischen politischen Systems. Es handelt sich auch um ein Repräsentations- und Integrationsdefizit der etablierten kanadischen Parteien. (ZParl, 28. Jg., 1997, H. 4, S. 664 ff.)
Zadra, Dirk: Personalisierung: Strukturmerkmal des französischen Parteiensystems.
Das Schlüsselkriterium der Politik in Frankreich ist die Personalisierung der Parteien. Im Mittelpunkt einer französischen Partei steht eine Führungspersönlichkeit, die sich der Partei als Fundament ihrer Präsidentschaftsambitionen bedient. Eine Partei gilt nur dann als institutionalisiert, wenn es nach Abgang der Führungspersönlichkeit einem Nachfolger gelingt, die Partei wiederum in seinen Dienst zu stellen. Diese Degradierung von Parteien zu Unterstützervereinen hat nicht nur in der III. und IV. Republik zu mangelnder Autonomie und Stärke der Parteien geführt. Der Hang zum Personalismus setzte sich auch in der V. Republik immer wieder durch. So können Parteien innovationsunfähig werden, wenn ihre Führungsfigur ihren Zenit überschritten hat, ohne jedoch abzutreten; oder sie riskieren sogar ihre Auflösung beim Abgang ihrer präsidialen Führungspersönlichkeit. Das französische Parteiensystem bleibt dadurch instabil, sein Kennzeichen ist die Bewegung. (ZParl, 28. Jg., 1997, H. 4, S. 683 ff.)
Zeschmann, Philip: Mitgliederbefragungen, Mitgliederbegehren und Mitglieder-entscheide: Mittel gegen Politiker- und Parteienverdrossenheit?
Fortwährend sinkende Mitgliederzahlen der „Volksparteien“ sowie die immer weiter schrumpfende Zahl von politisch Aktiven weisen auf Politiker- und Parteienverdrossenheit hin. Partizipationsdefizite werden insbesondere – aber nicht nur – bei den Parteien als den maßgeblichen Organisationen politischer Willensbildung gesehen. Nicht zuletzt infolge gestiegener Mitwirkungserwartungen werden auch die aus der Bürgerschaft heraus unternommenen Einflüsse auf die außerparteiliche Willensbildung als nicht effektiv genug wahrgenommen. Die Begrenztheit innerparteilicher Mitwirkung vermag die Legitimität des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland überhaupt zu gefährden. Deshalb sind Ansätze zur partizipativen Öffnung des demokratischen Prozesses nachhaltig zu fördern. Mitgliederbegehren und Mitgliederentscheide gehören – entgegen einer zuvor in der ZParl vorgetragenen Argumentation – dazu. Ein Katalog weiterer Instrumente verbesserter Mitwirkung der Parteimitglieder wird zur Diskussion gestellt. (ZParl, 28. Jg., 1997, H. 4, S. 698 ff.)
Wiefelspütz, Dieter: Prioritäten parlamentarischer Kontrolle.
Kommunikationsbeziehungen und Kompetenzverteilung bestimmen Formen und Wirkungsweise parlamentarischer Kontrolle. Erstere sind eher informalen Regeln unterworfen, letztere ist förmlich geregelt durch Verfassung, Gesetze und Geschäftsordnungen. Dabei findet parlamentarische Kontrolle vor allem durch Informationsansammlung und -auswertung sowie durch Handlungsvorgaben gegenüber der Regierung statt. Um bei der Informationsbeschaffung die immer wieder beklagte Überflutung des Parlaments zu verhindern, zielen Reformvorschläge oft auf Beschränkungen der Fragerechte. Hierbei erscheinen Quoten akzeptabel, die Zahl der Fragen des einzelnen Abgeordneten wesentlich zu begrenzen, begegnet aber erheblichen Bedenken, weil die Artikulation von Interessen – unter demokratischen Aspekten – möglichst breitgefächert erfolgen sollte. Hinsichtlich verbesserter Informationsauswertung ist über die grundsätzliche Öffentlichkeit von Ausschüssen, über Verschwiegenheitspflichten sowie über Federführung, Selbstbefassungs- und Berichtsrechte nachzudenken. Um das Gleichgewicht des Parlaments mit der Regierung bei der Staatsleitung herbeizuführen, wäre eine neue Diskussion nötig, welche Entscheidungen und Beschlüsse des Parlaments rechtlich bindenden Charakter für die Regierung entfalten. (ZParl, 28. Jg., 1997, H. 4, S. 713 ff.)
Steffani, Winfried: Zukunftsmodell Sachsen-Anhalt? Grundsätzliche Bedenken. Bemerkungen zum Beitrag von Wolfgang Renzsch und Stefan Schieren in Heft 3/1997 der ZParl.
Die sachsen-anhaltinische Minderheitsregierung als „Zukunftsmodell“ anzupreisen, wird als keineswegs hinreichend begründet angesehen. Das herausfordernde Modell einer Minderheitsregierung bedarf gerade in Deutschland einer vertieften, auch vergleichend stimmigen Bearbeitung. Das wird in dem Beitrag von Renzsch/Schierenin Heft 3/1997 der ZParl nach Meinung des Verfassers nicht überzeugend geleistet. (ZParl, 28. Jg., 1997, H. 4, S. 717 ff.)
Röper, Erich: Länderneugliederung löst kein Problem strukturschwacher Räume. Eine Replik auf den Beitrag von Christian Stolorz in Heft 2/1997 der ZParl.
Länderzusammenlegung ist das Synonym für Länderneugliederung oder Länderreform. Aus dieser Sicht gilt das Wählervotum gegen die Addition von Berlin und Brandenburg als bedrückende Entwicklungsperspektive (Christian Stolorz, ZParl 2/97). Tatsächlich aber hätten nur Berlin und Brandenburg profitiert; vor allem die Randgebiete wären weiter ins Abseits geraten. Denn Ziel von Politik ist, mit einem Minimum an (öffentlichen) Mitteln ein Maximum an Wählerstimmen zu erreichen. Das ist nur möglich in Ballungsräumen. Strukturschwache Räume haben nur eine Chance, wenn die politischen Entscheidungen dort fallen. Groß-Länder sind künstlich, und eine Neugliederung erweitert deren Handlungsfähigkeit insgesamt nicht. Nötig ist vielmehr die Reform des bundeszentrierten Finanzsystems und die bessere Abgrenzungen der Aufgabenbereiche von Bund und Ländern sowie die Solidarität vor allem auch der früher nehmenden Länder, denen der Länderfinanzausgleich erst die Mittel zu ihrem bemerkenswerten Aufbau gab. (ZParl, 28. Jg., 1997, H. 4, S. 722 ff.)
Tiefenbach, Paul: Die Grünen: Robert Michels zufolge auf dem Weg von der Bewegungs- zur Normalpartei.
Die Grünen haben sich seit ihrer Gründung vor etwa 17 Jahren radikal verändert. Aus der „Antiparteien-Partei“, dem „Sprachrohr der Bewegungen“, wurde eine fast normale Partei. Statt „Sand im Getriebe des Staatsapparates“ zu sein, wollen sie konstruktiv mitregieren. Eine Lektüre von Robert Michels, dem „Klassiker“ der Parteisoziologie, hilft, diese Entwicklung zu verstehen. Michels sieht in Parteien ein „ehernes Gesetz der Oligarchie“ wirken, das stets zur Herausbildung einer Parteielite führe. Nach Michels sondert sich diese Elite von der Parteibasis ab und wird Teil der politischen Klasse des Landes. Dort mache sie weitreichende psychologische und politische Veränderungen durch. Es entwickele sich eine Neigung zur Versöhnlichkeit, zur Anpassung, die die Elite auf die Gesamtpartei übertrage. Viele Beobachtungen, die Michels an der damals jungen SPD machte, bestätigen sich bei den Grünen. Zwar wollten sie dieser Entwicklung durch strikte basisdemokratische Regelungen vorbeugen, doch, so Michels, „wollen Gesetze der ,Herrschaft der Führer’ Einhalt tun, so weichen allmählich die Gesetze, nicht die Führer“. (ZParl, 28. Jg., 1997, H. 4, S. 725 ff.)