Braun, Werner und Elisabeth Benterbusch: Zulässigkeit und Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit von Fraktionen.
Nicht nur zu Wahlkampfzeiten, auch aus anderen Anlässen, rückt die Öffentlichkeitsarbeit von Fraktionen ins Rampenlicht. Oft wird sie an den vom Bundesverfassungsgericht für die staatliche Öffentlichkeitsarbeit entwickelten Maßstäben gemessen. Ob zu Recht, untersucht der vorliegende Beitrag. Er gibt den Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur wieder und referiert die Haltung der Rechnungshöfe zum Problemfeld. Die Verfasser bewerten die Befunde in verfassungs- und statusrechtlicher Hinsicht und zeigen Grenzen für die Praxis der Fraktionsöffentlichkeitsarbeit auf. Hierbei orientieren sie sich schwerpunktmäßig an den einfachgesetzlichen Vorgaben im Abgeordnetengesetz. Eine Skizzierung der strafrechtlichen Grenzen staatlich finanzierter Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen schließt den Beitrag ab. (ZParl, 33. Jg., H. 4, S. 653 ff.)
Müssener, Alexander: Regelungen und Praxis der Rechnungslegung und Kontrolle der Fraktionsfinanzen im Bund, in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.
Im Einzelnen sehr unterschiedlich sind die für die Rechnungslegung und Kontrolle der Fraktionsfinanzen auf Bundes- und Länderebene bestehenden Normen. Die erst seit 1. Januar 2002 in Nordrhein-Westfalen geltenden Regeln setzen die von anderen Bundesländern vorgegebenen Maßstäbe an Transparenz nur ansatzweise um. Die entsprechenden Regelungen in Baden-Württemberg sind vor kurzem zu Lasten der Transparenz rückwirkend geändert worden. Dies stellt einen erheblichen Rückschritt dar. Die Regelungen auf Bundesebene sind halbherzig und erlauben noch zu viele Verschleierungsmöglichkeiten. Die gesetzlichen Vorgaben zu den Prüfungsbefugnissen der Rechnungshöfe sind im Bund und in Nordrhein-Westfalen nicht klar genug, besser ist die Regelung in Baden-Württemberg. Hier fanden in der Vergangenheit regelmäßig kritische und umfangreiche Prüfungen der Fraktionsfinanzen statt, wohingegen in Nordrhein-Westfalen dies bisher nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit geschah. Insgesamt bleiben die gesetzlichen Bestimmungen in diesem Bereich verbesserungswürdig und müssen noch mehr Transparenz sicherstellen. Dies gilt vor allem für die Öffentlichkeit der Prüfungsergebnisse. (ZParl, 33. Jg., H. 4, S. 669 ff.)
Koch, Thorsten: Neutralitätspflicht und Chancengleichheit bei Leistungen an politische Parteien.
Für das Handeln staatlicher und kommunaler Stellen gegenüber politischen Parteien ist das Gebot staatlicher Wettbewerbsneutralität von zentraler Bedeutung. Es verpflichtet den Staat, dem vorgefundenen „Kräfteverhältnis“ der Parteien namentlich bei einer gesetzlichen Regelung der staatlichen Parteienfinanzierung Rechnung zu tragen und steht damit in latentem Widerspruch zu den Maßgaben, die das Bundesverfassungsgericht aus dem Grundsatz der „Staatsfreiheit“ politischer Parteien für die Finanzierung politischer Parteien aus staatlichen Mitteln abgeleitet hat. Wie dieser Konflikt zwischen tendenziell gegenläufigen Verfassungsprinzipien aufzulösen ist, kann dem Grundgesetz aber nicht im Einzelnen entnommen werden und ist deshalb vom Gesetzgeber zu entscheiden. Die Pflicht des Staates zur Neutralität gegenüber dem Parteienwettbewerb rechtfertigt und erfordert auch eine nach Maßgabe der Bedeutung der Parteien abgestufte Vergabe von Sendezeit für Werbung in Rundfunk und Fernsehen, nicht aber eine Differenzierung bei der Gestattung der Inanspruchnahme öffentlicher Straßen und Plätze für Wahlsichtwerbung. (ZParl, 33. Jg., H. 4, S. 694 ff.)
Lübker, Malte: Mitgliederentscheide und Urwahlen aus Sicht der Parteimitglieder: empirische Befunde der Potsdamer Mitgliederstudie.
Während in der Wissenschaft heftig über die Einführung von mehr direkter Mitgliederbeteiligung gestritten wird, stimmen die Mitglieder der im Bundestag vertretenen Parteien den Reformvorhaben überwiegend zu. Die Mitglieder differenzieren dabei zwischen der Urwahl des oder der Bundesvorsitzenden, Mitgliederentscheiden zu Sachfragen und der Aufstellung der Wahlkreisbewerber auf Mitgliederversammlungen, wobei die letztgenannte Variante die deutlichste Unterstützung findet. In allen Fällen bewerten aktive und passive Mitglieder die Reformvorschläge in etwa gleich – die angeblich privilegierte „Klasse der Aktiven“ stellt sich nicht gegen Veränderungen. Dies steht im Widerspruch zu der verbreiteten Annahme, dass die aktive Minderheit die übrigen Mitglieder bewusst von innerparteilicher Einflussnahme ausgrenzt. Die Analyse der Motivstruktur zeigt, dass es den Mitgliedern nicht in erster Linie darum geht, ein „Kartell der Aktiven“ zu sprengen, um so die innerparteiliche Macht zu Gunsten der passiven Mehrheit neu zu verteilen. Vielmehr erhoffen sie sich vor allem Image-Vorteile für die Partei und einen Mobilisierungsschub durch neue Partizipationsangebote. (ZParl, 33. Jg., H. 4, S. 716 ff.)
Hertel, Janine und Astrid Schütz: Politische Selbstdarstellung in Krisen. Die Parteispendenaffäre der CDU.
Selbstdarstellung ist ein bedeutsamer Aspekt des alltäglichen Lebens. In der Politik gilt ihr besondere Aufmerksamkeit. Es lassen sich drei Oberkategorien der Selbstdarstellung unterscheiden: assertiv (Aufbau eines positiven Images), defensiv (Verteidigung bedrohter Selbstbilder beziehungsweise Wiederherstellung eines beschädigten Images) und offensiv (Angriffe gegen Dritte). Zunächst werden einzelne Techniken aus diesen Kategorien vorgestellt und anschließend am Beispiel der Parteispendenaffäre der CDU illustriert. Die Unterscheidung von Stufen defensiver Selbstdarstellung steht dabei im Mittelpunkt. Das Verhalten von Helmut Kohl,Wolfgang Schäuble und Roland Koch im Verlauf der Affäre wird in diese Kategorien eingeordnet. Bei allen drei Politikern sind neben defensiver Selbstdarstellung auch assertive und offensive Reaktionen in unterschiedlichem Ausmaß zu beobachten. Gemeinsam ist den Exponenten auch, dass sie ihr Verhalten als wenig gravierend interpretieren (Umdeuten), sich für diesen Fehler entschuldigen und implizieren, dass die Sache damit erledigt sei. (ZParl, 33. Jg., H. 4, S. 740 ff.)
Dörner, Andreas: Diagnosen und Prognosen zum Kontextwandel parteipolitischen Handelns.
Das Erfolgsmodell der Mitgliederpartei ist in die Krise geraten. Das hat partiell organisationsinterne Gründe, liegt aber vor allem an einem nachhaltigen Kontextwandel in der deutschen Gegenwartsgesellschaft. Enttraditionalisierung, Individualisierung und Wertewandel lauten die Befunde aus der einschlägigen empirischen Forschung. Die Bürger, vor allem die jüngeren Bürger, sind immer weniger bereit, die bürokratisierten Großorganisationen der etablierten Parteien (und Verbände) als angemessene Foren politischer Partizipation anzuerkennen. Sie wenden sich stattdessen projektförmigen und zeitlich befristeten Partizipationsformen zu. Die Parteien entwickeln sich in dieser Situation zu professionalisierten Politikanbietern auf einem marktförmig organisierten Feld. Sie müssen daher verstärkt werbend auftreten, Marketing betreiben und Corporate Designs für den Dauerwahlkampf entwerfen. So entsteht langfristig eine duale Struktur aus großen Polit-Unternehmen einerseits und einer dezentral vernetzten Zivilgesellschaft andererseits. (ZParl, 33. Jg., H. 4, S. 759 ff.)
Jun, Uwe: Professionalisiert, medialisiert und etatisiert. Zur Lage der deutschen Großparteien am Beginn des 21. Jahrhunderts.
Die politischen Parteien sehen sich zahlreichen gesellschaftlichen, medialen, technologischen, weltpolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen ausgesetzt. Die Antworten der deutschen Großparteien CDU und SPD auf die Veränderungen ihrer Umwelten lassen sich auf verschiedenen Ebenen politischen Handelns mit unterschiedlichen Auswirkungen beobachten: auf der organisationsstrukturellen Ebene ist eine Professionalisierung, auf der elektoralen Ebene eine Medialisierung und auf der handlungsbestimmenden Ebene eine Etatisierung zu konstatieren. Dem Prozess der Medialisierung wird besondere Beachtung geschenkt, weil der Medienwandel mit seinen Auswirkungen auf die Struktur der politischen Kommunikation als gravierendste Herausforderung für Parteien zu gelten hat. Als Folge der Veränderungsprozesse ist ein Wandel der deutschen Parteiendemokratie nicht zu übersehen, ohne dass deren Kern bereits angegriffen ist. Jedoch ist bei weiterer Vernachlässigung von Partizipationswünschen seitens der Parteien der Bestand der traditionellen Mitgliederpartei in Gefahr. (ZParl, 33. Jg., H. 4, S. 770 ff.)
Poguntke, Thomas: Zur empirischen Evidenz der Kartellparteien-These.
Die Kartellparteien-These von Richard S. Katz und Peter Mair war in den vergangenen Jahren Gegenstand umfangreicher theoretischer Diskussionen. Die empirische Überprüfung der These hat mit ihrer theoretischen Rezeption allerdings nicht Schritt gehalten. Vor allem die Behauptung, der Linkage zwischen Parteien und Gesellschaft sei in modernen Demokratien schwächer geworden, ist bislang kaum systematisch untersucht worden. Eine umfangreiche Analyse der organisatorisch vermittelten Linkages in elf westeuropäischen Demokratien zeigt, dass diese Bindungen zwischen 1960 und 1990 tatsächlich schwächer geworden sind. Für die weitergehende These, Parteien hätten ihre gesellschaftlichen Wurzeln bewusst vernachlässigt, lassen sich allerdings keine empirischen Belege finden. (ZParl, 33. Jg., H. 4, S. 790 ff.)