Niedermayer, Oskar: Von der „nationalen Nebenwahl“ zur „europäisierten Wahl“? Die Wahl zum Europäischen Parlament vom 26. Mai 2019.
Stellt das Konzept der Europawahl als „nationale Nebenwahl“ auch heute noch – bei der neunten Direktwahl zum Europäischen Parlament – einen erklärungskräftigen Analyserahmen dar oder ist die Europawahl zur relevanten „europäisierten“ Wahl geworden? Hierzu werden sechs Hypothesen zu den Orientierungen sowie der Wahlbeteiligung und dem Wahlverhalten der Bürger bei Europawahlen im Vergleich zu nationalen Parlamentswahlen aus dem Konzept abgeleitet und diese nach einer Zusammenfassung der Ausgangslage vor der Wahl anhand der Analyse des Wahlkampfes und Wahlergebnisses der Europawahl in Deutschland empirisch überprüft. Obwohl vier von sechs Hypothesen bestätigen werden können, kann angesichts der Veränderungen vieler Indikatoren von einer „Europäisierung“ der Europawahl gesprochen werden. Zudem wird die Zusammensetzung des neuen Europäischen Parlaments im Vergleich zur Situation nach den Europawahlen von 2014 diskutiert, wobei insbesondere das Erstarken der rechten Parteien in den Blick genommen wird. Abschließend wird auf die Auseinandersetzungen zwischen dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat um die Wahl der Nachfolgerin oder des Nachfolgers des scheidenden Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker eingegangen. [ZParl, 50. Jg. (2019), H. 4, S. 691 – 714]
Braun, Daniela und Markus Tausendpfund: Die neunten Direktwahlen zum Europäischen Parlament: Rahmenbedingungen, Parteien und Bürger in der Bundesrepublik Deutschland.
Trotz gestiegener Wahlbeteiligung bleiben auch die neunten Wahlen zum Europäischen Parlament Nebenwahlen. In Deutschland müssen die Regierungsparteien – insbesondere CDU und SPD – im Vergleich zur Bundestagswahl 2017 und zur Europawahl 2014 deutliche Stimmenverluste hinnehmen, die Grünen sind die Gewinner der Europawahl 2019. Der Beitrag informiert über die Rahmenbedingungen der Wahlen des Europäischen Parlaments und richtet den Blick auf Parteien und Bürger. Die empirischen Befunde zeigen, dass zum einen das Thema „Europa“ in den Wahlprogrammen deutlich präsenter ist als allgemein angenommen und zum anderen, dass das Wissen der Bevölkerung über die Staatengemeinschaft weiterhin gering ist. Vor diesem Hintergrund werden Wahlbeteiligung und Wahlentscheidung bei der Europawahl 2019 diskutiert und Erklärungen präsentiert. Abschließend werden die Zusammensetzung des neugewählten Europäischen Parlaments dargestellt und mögliche Implikationen aufgezeigt. [ZParl, 50. Jg. (2019), H. 4, S. 715 – 735]
Waldvogel, Thomas: Das TV-Duell Timmermans gegen Weber: Wahrnehmung und Wirkungen von TV-Debatten am Beispiel der Europawahl 2019.
Während Wahrnehmungsprozesse und Wirkungen von politischen TV-Duellen auf (sub-)
nationaler Ebene sehr detailliert untersucht wurden, fehlen Studien für TV-Duelle auf europäischer Ebene weitgehend, die ein ähnliches Maß an analytischer Tiefe und Detailreichtum aufweisen. Daher werden die Wahrnehmungen und Wirkungen des Duells zwischen Manfred Weber (EVP) und Frans Timmermans (S&D) auf die Debattensiegerwahrnehmung, die Einstellungen gegenüber den Kandidaten und die Verhaltensabsicht der Direktwahl unter systematischer Berücksichtigung der Echtzeitreaktionen (RTR) seiner Zuschauer analysiert. Neben der Darstellung der allgemeinen Wahrnehmung des Duells können die Determinanten der Urteile über den Debattensieger, der Kandidatenbewertungen unter Einbeziehung ihrer Eigenschaftsprofile sowie der Direktwahl-Absicht der Studienteilnehmer identifiziert werden. Dabei zeigt sich, dass die Debattenrezeption signifikante Effekte entfalten kann. Neben politischen Voreinstellungen entfalten vor allem die mittels Echtzeitmessung erfassten unmittelbaren Wahrnehmungen während der Debatte eine große Erklärungskraft. Die vorliegenden Daten belegen, dass die Duellrezeption signifikante Wirkungen auf politische Kognitionen, Motivationen sowie Einstellungen der Zuschauer entfaltet. Sie kann damit als wirkungsvolles Instrument in Europawahlkämpfen gelten, das das Potenzial besitzt, einen Beitrag zur Stärkung der demokratischen Qualität der Europäischen Union zu leisten. [ZParl, 50. Jg. (2019), H. 4, S. 736 – 753]
Rütters, Peter: Zum Sozialprofil der in Deutschland gewählten Abgeordneten des Europäischen Parlaments nach der Wahl am 26. Mai 2019.
Die Wahl zum 9. Europäischen Parlament (EP) in Deutschland war auch 2019 von Veränderungen geprägt, die bereits bei der vorangegangen Wahl 2014 die Zusammensetzung der Abgeordneten beeinflussten: die weiterhin fehlende Sperrklausel ermöglichte neun Abgeordneten von sieben Klein(st)parteien den Zugang zum EP. Elf Abgeordnete der AfD schafften zudem den Einzug in das EP (2014: sieben). Ansonsten folgte das Wahlergebnis für die sechs etablierten Parteien den Kontroversen und Veränderungen auf der nationaler Ebene, was vor allem den Grünen Mandatsgewinne brachte, während SPD und CDU erhebliche Mandatsverluste hinnehmen mussten. Eine für die Handlungs- und Einflussfähigkeit des EP relevante Folge liegt in der außergewöhnlich hohen Anzahl von erstmals in das EP gewählten Abgeordneten (50 = 52,1 Prozent). Dieser Personalaustausch wurde durch die Wahlergebnisse, aber auch durch die Nominierungspraxis der Parteien bestimmt. Mit Blick auf das Sozialprofil der Abgeordneten – und deren Fähigkeit zu einer politisch kompetenten Wahrnehmung eines Parlamentsmandats – zeigen sich kaum Unterschiede bei auf der hohem Niveau liegenden Schulbildung und Hochschulausbildung der MdEP. Erkennbar ist insgesamt eine „Verjüngung“ der Abgeordneten (vor allem bei den Grünen und der CDU), die sich einem längerfristigen Trend wieder aufschließt. Hinsichtlich der Professionalisierung von Politik und parlamentarischer Repräsentanz spielt die politisch-parlamentarische Erfahrung von Abgeordneten, insbesondere der neuen EP-Mitglieder, eine Rolle: Diese liegt deutlich niedriger als in den vorangehenden Wahlperioden. Für die Abgeordneten der AfD – von deren 2014 gewählten EP-Mitglieder wurde keiner 2019 nominiert – ist mit 18,2 Prozent (= zwei) eine sehr niedrige politisch-parlamentarische Vorerfahrung festzustellen. Das mag mit dem letztlich geringen parlamentarischen Mitgestaltungsinteresse der AfD korrespondieren. Ein Gegengewicht findet sich bei den etablierten Parteien. Deren neue EP-Mitglieder weisen zum Teil entweder vorherige parlamentarische Erfahrungen auf Landesebene oder im Bundestag auf oder waren zumindest langjährig parteipolitisch engagiert. [ZParl, 50. Jg. (2019), H. 4, S. 754 – 776]
Arndt, Christoph: Die Folketingswahl in Dänemark vom 6. Juni 2019: Klarer Sieg des linken Lagers.
Die Folketingswahl 2019 ergab einen deutlichen und erneuten Regierungswechsel. Die bisherige bürgerliche Regierung verlor aufgrund des desaströsen Abschneidens der Dänischen Volkspartei und der Liberalen Allianz ihre Mehrheit, obwohl die rechtsliberale Venstre des Ministerpräsidenten Lars Løkke Rasmussen deutlich dazugewann. Dänemark wird somit künftig von einer sozialdemokratischen Einparteienregierung unter der neuen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen regiert. Diese Regierung wird von den Sozialliberalen, der Sozialistische Volkspartei und der linksradikalen Einheitsliste toleriert und markiert die deutlichste linke Mehrheit seit der Wahl 1971. Das bürgerliche Lager war während der gesamten Wahlperiode in der Steuerfrage gespalten und wurde schließlich trotz guter konjunktureller Lage und umgesetzter Vorhaben in der Zuwanderungspolitik abgestraft. Die Sozialdemokraten konnten mit ihrem Kurswechsel zu restriktiverer Zuwanderungspolitik Wählerstimmen zulasten bürgerlichen Parteien hinzugewinnen. Sie haben erstmals seit der Jahrtausendwende wieder eine eigene linke Mehrheit. Jedoch dürften die Gegensätze im linken Lager auf diesem Politikfeld das Regieren für Frederiksens Einparteienkabinett nicht erleichtern. Mit der Partei Neue Bürgerliche findet sich zudem erstmals seit 1998 eine Partei rechts von der Dänischen Volkspartei in dem nun zehn Fraktionen umfassenden Folketing. [ZParl, 50. Jg. (2019), H. 4, S. 777 – 790]
Tokatlı, Mahir: Ein als „Präsidialsystem“ verkleidetes (autokratisch-)parlamentarisches Regierungssystem: Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der Türkei vom 24. Juni 2018.
Am 24. Juni 2018 wählten die türkischen Staatsbürger zum ersten Mal in separaten Wahlen sowohl das Parlament als auch den künftigen Regierungschef. Damit traten die ein Jahr zuvor in einem umstrittenen Referendum verabschiedeten Verfassungsänderungen in Kraft und transformierten das parlamentarische Regierungssystem in ein vermeintliches Präsidialsystem. Indes zeigt ein Blick in die Verfassung eindeutige Parallelen zu einem israelischen Experiment (1996 bis 2002) hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Exekutive und Legislative. Diese kurzlebige israelische Verfassung wurde wiederum als Mischtyp oder quasiparlamentarisches System bezeichnet. In der „alla Turca“ Variante weist die horizontale Gewaltenteilung nun eine Asymmetrie zugunsten des Präsidenten auf und folgt eher einer Gewaltenkonzentration. In seinen Kompetenzen ist das Parlament arg eingeschränkt. Der Präsident bleibt stets handlungsfähig, sofern sich keine arithmetische Dreifünftelmehrheit bildet, die ihn vorzeitig aus politischen Gründen abberufen kann. Unter den undemokratischen Bedingungen eines semi-kompetitiven Wahlsystems sowie im damals andauernden Ausnahmezustand entschied die AKP beide Abstimmungen für sich. [ZParl, 50. Jg. (2019), H. 4, S. 791 – 809]
Kolkmann, Michael: Rückkehr zum „divided government“, aber die „blaue Welle“ bleibt auf halbem Wege stecken: Die US-Kongresswahlen vom 6. November 2018.
Die US-Kongresswahlen vom November 2018 ist mit einem für die beiden großen Parteien der Vereinigten Staaten ambivalenten Ergebnis zu Ende gegangen. Die Wahl war durch eine hohe Mobilisierung gekennzeichnet. So erreichte zum Beispiel die Wahlbeteiligung den höchsten Wert seit über einhundert Jahren. Während die Demokraten in nahezu allen Bevölkerungsgruppen ihren Stimmenanteil behaupten beziehungsweise ausbauen konnten und dadurch eine deutliche Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückeroberten, konnten die Republikaner ihre Mehrheit im Senat nicht nur verteidigen, sondern sogar um zwei Sitze ausbauen. Der Kongress, insbesondere das Repräsentantenhaus, stellt den in vielerlei Hinsicht am stärksten diversifizierten Kongress aller Zeiten dar. Zugleich sind seine Abgeordneten politisch vergleichsweise unerfahren. Für den derzeitigen 116. Kongress lässt sich im Rahmen eines „divided government“ eine verstärkte Konfrontation zwischen den Demokraten im Repräsentantenhaus und Präsident Donald Trump erwarten. Zugleich wird die aktuelle politische Auseinandersetzung durch den bereits begonnenen Präsidentschaftswahlkampf 2020 überschattet. [ZParl, 50. Jg. (2019), H. 4, S. 810 – 829]
Gawehns, Florian: Goodbye Filibuster? Institutioneller Wandel im polarisierten US-Senat.
Der Filibuster, eher historischer Zufall statt intendierte Innovation, gehört zu den mächtigsten Instrumenten der parlamentarischen Minderheit im US-Senat. Historisch vor allem für Dauerreden bekannt, macht er den modernen Senat zu einer supermajoritären Institution, die durch parteipolitische Blockade geschwächt wird. Die unilaterale Abschaffung des Filibusters für Nominierungen in den Jahren 2013 und 2017 steht für den Verlust institutioneller Normen, illustriert aber gleichzeitig den Handlungsdruck für Mehrheiten, ihrer Basis parteipolitische Erfolge zu präsentieren. Angesichts der Aussichten auf eine umfassende Reform der Geschäftsordnung erscheint es fraglich, ob die 60-Stimmen-Hürde noch eine parlamentarische Zukunft hat. Ein mehrheitsdemokratischer Senat könnte, neben der Stärkung der parlamentarischen Mehrheit, gleichwohl vermehrte Reformanstrengungen nach sich ziehen, da sein egalitäres, föderales Repräsentationsprinzips auch dessen legitimatorische Schwächen in einem polarisierten Zwei-Parteien-System offenlegt. [ZParl, 50. Jg. (2019), H. 4, S. 830 – 851]
Adorf, Philipp: Wenn politische Akteure die eigene Wählerschaft bestimmen – Die Ziehung der Wahlkreisgrenzen nach den jüngsten Urteilen des US-Supreme Court.
Alle zehn Jahre müssen die Wahlkreise zum amerikanischen Repräsentantenhaus neugezogen werden. In den meisten amerikanischen Einzelstaaten sind die Landeskammern dafür verantwortlich. Republikanische Erfolge auf dieser elektoralen Ebene haben der Partei die Möglichkeit eröffnet, vorteilhafte Wahlkreisgrenzen zu ziehen. Dies hat zu den komfortablen Mehrheiten der Partei in der unteren Kammer des US-Kongresses beigetragen, sie jedoch nicht allein ermöglicht. Ebenso trägt diese Praxis zur Polarisierung der amerikanischen Politik bei, wenngleich die Relevanz von Kritikern stark überbewertet wird. Gegner dieser fragwürdigen Verfahrensweise hatten sich erhofft, der Oberste Gerichtshof des Landes würde im Fall Gill versus Whitford im Juni 2018 einen Standard zur Feststellung der verfassungswidrigen Grenzziehung festlegen. Schlussendlich entschieden sich die Richter jedoch, den Fall wieder einer unteren Instanz vorzulegen, bevor die konservative Mehrheit ein Jahr danach diese Frage als nicht-justiziabel deklarierte. In Anbetracht der Veränderungen der Zusammensetzung des Obersten Gerichtshofs, werden Reformer somit versuchen müssen, auf dem Weg der Volksgesetzgebung Modifizierungen durchzusetzen. Deren Auswirkungen auf die föderalen parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse sowie die parteipolitischen Gräben der amerikanischen Politik werden jedoch begrenzt sein. [ZParl, 50. Jg. (2019), H. 4, S. 852 – 869]
Decker, Frank: Das Scheitern des Spitzenkandidatensystems und andere populäre Irrtümer über die Demokratisierung der Europäischen Union.
Nach der Europawahl 2019 hat es erneut ein heftiges Gerangel zwischen Parlament und Rat sowie den dort jeweils vertretenen nationalen und parteipolitischen Akteuren um die Besetzung des Amts des Kommissionspräsidenten gegeben, das auch von der Öffentlichkeit intensiv begleitet wurde. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand das so genannte Spitzenkandidatensystem, das diesmal anders als bei seiner Premiere 2014 nicht zum Tragen kam. Die Funktionsbedingungen dieses Modells werden jedoch von den Akteuren und politischen Beobachtern häufig missverstanden. Symptomatisch dafür sind etwa die Orientierung am Modell des parlamentarischen Regierungssystems oder die als grundlegender Demokratieverstoß interpretierte Überrepräsentation der kleineren Mitgliedsstaaten im Europäischen Parlament. Als mögliche Ansatzpunkte einer durchgreifenden Demokratisierung der EU werden die Direktwahl des Kommissionspräsidenten, ein einheitliches Wahlsystem mit gemeinsamen europäischen Parteien und eine stärkere Mitsprache der Wähler und des Kommissionspräsidenten bei der Bestellung der Kommissare diskutiert. [ZParl, 50. Jg. (2019), H. 4, S. 870 – 879]
Fuchs, Michael: (Wie) kann der Deutsche Bundestag auf die neue Weltunordnung reagieren?
Außenpolitik gehört bekanntlich zum Arkanbereich der Regierung. Neuere parlamentarische außenpolitische Initiativen im Bundestag signalisieren jedoch einen parlamentarischen Gestaltungsanspruch. Das spiegelt nicht nur gewachsenes parlamentarisches Selbstbewusstsein wider, sondern die Allgegenwart außenpolitischer Probleme in einer Welt in Unordnung. Fraglich jedoch ist, wie diese Initiativen politisch und juristisch zu beurteilen sind. [ZParl, 50. Jg. (2019), H. 4, S. 880 – 891]
Peterlini, Oskar: (Wie) kann die Europa-Skepsis bekämpft werden? Appelle eines besorgten Europäers.
Europa beginnt mit einer Liebesgeschichte. Zeus verliebt sich in die schöne, phönizische Königstochter Europa und verführt sie nach Kreta. Die Insel wurde tatsächlich die Wiege der europäischen Kultur. Ein Kind der Liebe in der Mythologie! Aber die Liebe unter den Kindern war bald zu Ende. Europa bildete Jahrtausende lang ein Schlachtfeld, dessen Geschichte durch unzählige Kriege der europäischen Völker untereinander geprägt war. Die zwei Weltkriege, die Millionen Menschen das Leben kosteten, waren der Höhepunkt dieser Entwicklung und eine Lehre, wie sie sonst selten aus der Geschichte gezogen wird. Seit über 70 Jahren erleben wir eine Friedenszeit. Aber die Liebe zu Europa verblasst. Nicht nur in Großbritannien, auch in Kontinentaleuropa nehmen populistische, europaskeptische Parteien zu. Die größte Gefahr droht der EU, wenn sie ihre demokratische Basis verliert, wenn die Menschen beginnen, sie abzulehnen. Kritiken und Ängste, die zur Ablehnung führen, gilt es zu analysieren. Sie lassen sich in drei Thesen zusammen, für deren Lösung Vorschläge unterbreitet werden können: die demokratische, die soziale und die existentielle Frage mit der Sorge um Einwanderung, Sicherheit und Frieden. [ZParl, 50. Jg. (2019), H. 4, S. 892 – 905]
Hartmann, Oskar: Replik auf Joachim Behnke – Demokratisch und praktikabel: der Ritt
über den Bodensee. Persönlichkeitswahl in Mehrmandatswahlkreisen.
Das Ziel einer festen Parlamentsgröße bei gleichzeitiger Beibehaltung der Proportionalität der Sitzverteilung zwischen den Parteien kann erreicht werden, indem (zum Beispiel 33) Mehrmandatswahlkreise eingerichtet werden, in denen die Parteien jeweils Kandidaten auf gereihten Wahlkreislisten präsentieren. Jeder Wähler hat vier Stimmen, die gemäß der Entscheidung des Wählers entweder den vier vorneplatzierten Kandidaten einer Wahlkreisliste zukommen oder anderen Kandidaten einer oder mehrerer Wahlkreislisten. Ein Kandidat darf maximal zwei Stimmen erhalten (Kumulieren). Die Sitzverteilung im Bund wird proportional auf Grundlage aller Personenstimmen ermittelt. Jede Personenstimme ist auch eine Parteistimme. Das Gleiche erfolgt in jedem Mehrmandatswahlkreis. Bei Widersprüchen zwischen den Sitzverteilungen im Bund und in den Wahlkreisen werden diese mittels der iterativen Methode des doppelten Pukelsheim harmonisiert. Die einer Partei in einem Wahlkreis zustehenden Sitze werden den Kandidaten mit den meisten Stimmen zuerkannt. Die regionale Verankerung der Abgeordneten kann dadurch gesichert werden, dass jede Partei verpflichtet wird, Kandidaten aus allen Teilen eines Wahlkreises (zum Beispiel Landkreisen) zu präsentieren. [ZParl, 50. Jg. (2019), H. 4, S. 906 – 912]